Seit mehreren Jahren recherchieren die Azubis der Münchner Wohnen die Lebensläufe ehemaliger Mieter*innen, die Opfer der Nationalsozialisten wurden, und bringen Erinnerungszeichen an Wohnhäusern an. Auf einer eindrücklichen Studienreise nach Litauen, wohin viele jüdische Mieter*innen verschleppt wurden, haben sie nun die Auseinandersetzung mit deren Schicksalen vertieft.
Die Ausbildungseinheit, in der sich die Azubis in ihrem zweiten Ausbildungsjahrgang mit der Geschichte der Vorgängerunternehmen während der nationalsozialistischen Herrschaft beschäftigen, ist seit einigen Jahren fester Teil der Ausbildung bei der Münchner Wohnen. In Kooperation mit Public History im Kulturreferat der Landeshauptstadt München recherchieren die Azubis Schicksale ehemaliger Mieter*innen, die Opfer der Nationalsozialisten wurden, berichten im Rahmen einer stets sehr bewegenden Gedenkveranstaltungen an den jeweiligen Wohnhäusern über die Lebensläufe dieser Münchner*innen und bringen Erinnerungszeichen an.
In diesem Jahr führte die Auseinandersetzung mit der Historie des Unternehmens zum ersten Mal elf Azubis auf eine mehrtägige Gedenkreise nach Litauen. Begleitet wurden sie von Christian Smolka, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Münchner Wohnen, der Historikerin Dr. Christiane Fritsche sowie Mitarbeiter*innen des Unternehmens.
Teil der Studienreise waren Besuche der Gedenkstätte Fort IX in Kaunas, des Jüdischen Museums und des ehemaligen Ghettos in Vilnius. Im Fort IX gedachten die Teilnehmenden in einer stillen Zeremonie der im November 1941 aus München deportierten Jüdinnen und Juden, unter ihnen auch ehemalige Mieter*innen der damaligen GEWOFAG. Die rund tausend Männer, Frauen und Kinder wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet.
„Verantwortung für Erinnerung übernehmen“
Die Studienreise war für alle Beteiligten eine tief bewegende Erfahrung. „Diese Tage haben uns nachhaltig beeindruckt und gezeigt, wie wichtig es ist, Verantwortung für die Erinnerung zu übernehmen“, sagt Christian Smolka, der das Erinnerungszeichen-Projekt bei der Münchner Wohnen initiiert hatte. „Das persönliche Erleben an den historischen Orten vertieft das Verständnis für das, was geschehen ist, und gibt unserem Projekt eine neue, emotionale Dimension.“
Bei einer Führung durch das ehemalige Ghetto in Vilnius sowie im Gespräch mit Gercas Žakas, dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Kaunas und Überlebenden der zweiten Generation, erhielten die Auszubildenden wertvolle Einblicke in die Erinnerungskultur vor Ort. Die Begegnungen und Eindrücke stärkten ihr Bewusstsein dafür, dass das Erinnern und Weitergeben von Geschichte eine gemeinsame Aufgabe über Generationen hinweg bleibt.
„Die Orte, die wir in Litauen besucht haben, haben uns Azubis stark beeindruckt und tief bewegt“, sagte Kim Jaeger, Auszubildende bei der Münchner Wohnen. „Zu sehen, wo und unter welchen Umständen Menschen gelitten und ihr Leben verloren haben, hat uns zum Nachdenken gebracht – auch über unser eigenes Leben und die Werte, die wir heute haben. Diese Erfahrungen werden uns noch lange begleiten.“
„Es war bewegend zu sehen, mit welchem Ernst und welcher Empathie sich unsere Auszubildenden dem Thema genähert haben“, sagt Christian Smolka. „Erinnerung braucht junge Menschen, die bereit sind hinzusehen und ihre persönlichen Erfahrungen weiterzugeben.“
Erinnerungszeichen an den Münchner Häusern
Die Azubis der Münchner Wohnen hatten in den vergangenen Jahren in Neuhausen, Giesing und Harlaching Erinnerungszeichen angebracht, 2025 kamen vier weitere in Sendling hinzu. „Die Beschäftigung mit der Zeit des Nationalsozialismus ist seit einigen Jahren fester Bestandteil der Ausbildung, ich bedanke mich bei Christian Smolka sehr für die Anregung und Begleitung dieses Projekts“, sagt Christian Müller, Geschäftsführer der Münchner Wohnen. „Unsere Azubis erfahren, dass hinter jedem Namen und jeder Adresse ein Mensch mit eigener Geschichte steht. Diese Auseinandersetzung prägt sie nachhaltig und trägt dazu bei, dass wir als Unternehmen Verantwortung übernehmen – für eine Gesellschaft, die von Respekt, Offenheit und Menschlichkeit getragen ist.“