Im westlichen Münchner Stadtteil Neuaubing, in der heutigen Ehrenbürgstraße 9, sind acht Baracken eines ehemaligen NS-Zwangsarbeiter*innenlagers erhalten. Während des Zweiten Weltkriegs waren hier bis zu 1.000 Zwangsarbeiter*innen untergebracht, die in dem nahegelegenen Ausbesserungswerk der Reichsbahn arbeiten mussten. Heute ist das einzige noch erhaltene Lagerensemble dieser Art im süddeutschen Raum.
Das 1942 errichtete Lager in Neuaubing war eine von einst mehr als 400 Sammelunterkünften auf dem Münchner Stadtgebiet. Bis April 1945 waren neun der ursprünglich elf geplanten eingeschossigen Lagerbaracken errichtet worden, wovon eine Baracke zudem kurz nach Kriegsende abgetragen wurde, sodass hier lediglich noch von Gehölzen überwucherte Fundamentreste erhalten sind. Abweichend von der ursprünglichen Planung wurde eine Baracke 1944-45 baulich erweitert und mit einer weiteren Baracke verbunden. Darüber hinaus kam es nur zu sehr geringen baulichen Veränderungen.
Das gesamte Areal ist als Bodendenkmal ausgewiesen und steht unter Ensembleschutz. Alle Baracken, die vorhandenen bauzeitlichen Zaunreste sowie die beiden Kleinbunker sind außerdem als Einzeldenkmäler ausgewiesen.
Das Gelände zeichnet sich heute durch seine vielfältigen, über Jahrzehnte gewachsenen Nachnutzungen aus. Die verbleibenden Baracken werden von Künstler*innen, Handwerker*innen, einer privat betriebenen Kindertagesstätte und von der Kinder- und Jugendfarm genutzt. Viele der derzeitigen Nutzer*innen haben einen wichtigen Teil zum Erhalt des Geländes beigetragen und durch die andere Nutzung eine prägende Zeitschicht hinzugefügt, zugleich ist die ursprüngliche Funktion weitgehend überschrieben. Eine verwilderte Vegetation verstärkt diese Wirkung. Die ganze Anlage ist in ihrem Gesamteindruck als ehemaliges Zwangsarbeiter*innenlager kaum mehr wahrnehmbar.
Nachfolgend finden Sie die Informationen zum Wettbewerb, zur Preisgerichtssitzung und eine Übersicht der Wettbewerbsergebnisse.
Hinweis: Die nachfolgenden Angaben (Personen und Firmennamen) beziehen sich auf den Zeitpunkt der Erstellung.
Informationen zum Wettbewerb
Ausloberin
Landeshauptstadt München vertreten durch:
Kommunalreferat
Denisstraße 2
80335 München
Abwicklung
GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München mbH
Heimeranstr. 31
80339 München
Verfahrensbetreuung und Vorprüfung
Kellerer und Kellerer
Franziskanerstr. 26
81669 München
Telefon 089 459 11770
Wettbewerbsaufgabe
Nach der bereits erfolgten Umsetzung erster baulicher Sicherungsmaßnahmen sollen das Gelände und die Gebäude nun denkmal- und naturschutzgerecht saniert werden. Zentrale Grundlage der Weiterentwicklung und notwendigen Maßnahmen stellt u.a. das Integrierte Stadtteilentwicklungskonzept (ISEK) dar.
Der Planungsumgriff umfasst dabei ca. 2,1 ha bzw. 1,8 ha abzüglich der mit Baracken bebauten Gebäudefläche (siehe Abb.). Nicht im Umgriff enthalten ist eine an eine Kleingartenanlage vermietete Fläche (ca. 500 m²) im südwestlichen Bereich und die an einen Kindergarten vermietete Fläche (ca. 2.200m²) im südöstlichen Bereich, da die aktuelle Nutzung nicht verändert werden soll.
Das hierfür zu entwickelnde planerische Gesamtkonzept soll den längerfristigen Verbleib der dort ansässigen Münchner Kinder- und Jugendfarm e.V., der Künstler*innen und Handwerker*innen bzw. deren Wiedereinzug nach der Sanierung der jeweiligen Einzelgebäude berücksichtigen.
Zusätzlich soll im Wettbewerbsgebiet als Umnutzung von zwei Baracken eine künftige Dependance des NS-Dokumentationszentrums einschließlich einer Ausstellung im Außenraum entstehen. Das Dokumentationszentrum informiert über die Geschichte des Ortes sowie über die NS-Zwangsarbeit im Allgemeinen und stellt aktuelle Fragen rund um globale Arbeits- und Ausbeutungsverhältnisse.
Das Areal wird dadurch zum Begegnungsraum, der dazu einlädt, sich mit Geschichte und ihren aktuellen Bezügen auseinanderzusetzen. Das gesamte Wettbewerbsgebiet ist neben seinen Funktionen als öffentlicher Freiraum für das umliegende Quartier und die Nutzer*innen als Arbeits- und Ausstellungsort und zugleich als Ausstellungsobjekt zu verstehen.
Im Spannungsfeld zwischen historischer Bedeutung und gegenwärtiger Nutzung wird der Ort zu einem kommunikativen Raum des Erinnerns, der Begegnung und der Beschäftigung mit der Vergangenheit, wobei sich die unterschiedlichen Funktionen in Koexistenz wechselseitig stärken sollen. Die Veränderung des Areals von einer kahlen Fläche zu einem heute dicht mit Bäumen und Gehölzen bestandenen Gelände soll beachtet und in die Gesamtkonzeption mit einbezogen werden.
Die städtebauliche Einbindung in die Umgebung, Kollaboration, geteilte Nutzung und öffentliche Zugänglichkeit sind die zentralen Leitprinzipien der Gesamtsanierung. Das Gesamtkonzept soll dabei gestalterische, städtebauliche, denkmalpflegerische, ökologische, kommunikative, erinnerungskulturelle, ausstellungsdidaktische und erschließungstechnische Zielsetzungen in Einklang bringen. Die Einbeziehung von Kunst in die Umsetzung dieser Aufgabe wird dabei explizit begrüßt.
Wettbewerbsart
Der Wettbewerb wird durchgeführt als nicht offener, einphasiger Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren. Die Wettbewerbssprache ist deutsch, das Verfahren ist anonym. Tag der Auslobung ist der 28.04.2021.
Teilnehmende Büros
- Atelier Bow Wow Architektur - Ausstellungsgestaltung/ Hannes Rössler Architekturbüro / Terrabiota Landschaftsarchitekten
- Florian Nagler Architekten / Burkhardt Engelmayer Mendel Landschaftsarchitekten / jangled nerves Ausstellungsgestaltung
- Peter Haimerl Architektur / Andreas Kicherer OK Landschaftsarchitektur / Studio Clemens Bauder Ausstellungsgestaltung
- Studio Miessen Ausstellungsgestaltung / Helga Blocksdorf Architektin / Keller Damm Kollegen Landschaftsarchitekten / Studio Mahr Kommunikationsdesign
- SPACE4 GmbH Architektur & Ausstellungsgestaltung/ SETUP Landschaftsarchitektur
- Lamott.Lamott Architekten/ realgrün Landschaftarchitekten/ büro münzing designer + architekten Ausstellungsgestaltung
- KSP ENGEL Architektur/ studio grüngrau Landschaftarchitektur/ Milla & Partner Ausstellungsgestaltung
- Kraus Fischnaller Architekten/ Atelier Loidl Landschaftsarchitekten/ Johnston Marklee Ausstellungsgestaltung
- Grassinger Emrich Architekten/ ALN Architekturbüro Leinhäupl + Neuber/ Mahl Gebhard Konzepte Landschaftsarchitekten/ Tamschick Media + Space Ausstellungsgestaltung
- GEORG SCHEEL WETZEL ARCHITEKTEN/ SINAI Landschaftsarchitekten/ merz merz Ausstellungsgestaltung
- SPP Sturm Peter + Partner Architekten + Berat. Ingenieure Architektur/ TRR Landschaftsarchitekten Ritz und Ließmann/ Büro Müller-Rieger Ausstellungsgestaltung
- Atelier Brückner Architektur & Ausstellungsgestaltung/ Koeber Landschaftsarchitektur
Nachrückerteams:
- Holzer Kobler Architekturen Architektur & Ausstellungsgestaltung / A24 Landschaft Landschaftsarchitektur
- FRÖLICHSCHREIBER Architekten/ ARGE friedburg&hhvh Landschaftsarchitektur/ Kooperative für Darstellungspolitik, Feezer, Kaspar, Müller Ausstellungsgestaltung
- bauchplan ).( Architektur & Landschaftsplanung/ shsh . architecture + scenography Architektur & Ausstellungsgestaltung
Preisgerichtssitzung
Am 8. Oktober 2021 tagte das Preisgericht mit Beteiligung von Vertreter*innen des Stadtrates der Landeshauptstadt München, der GWG Geschäftsführung, der Regierung von Oberbayern sowie Architekt*innen und Landschaftsarchitekt*innen. Der Vorsitz des Preisgerichts wurde von Roger Bundschuh übernommen. Sie kürten gemeinsam die Preisträger wie folgt:
- 1009: SPP Sturm Peter + Partner Architekten + Berat. Ingenieure Architektur/ TRR Landschaftsarchitekten Ritz und Ließmann/ Büro Müller-Rieger Ausstellungsgestaltung
- 1002: Studio Miessen Ausstellungsgestaltung / Helga Blocksdorf Architektin / Keller Damm Kollegen Landschaftsarchitekten / Studio Mahr Kommunikationsdesign
- 1010: Holzer Kobler Architekturen Architektur & Ausstellungsgestaltung / A24 Landschaft Landschaftsarchitektur
Download Protokoll der Preisgerichtssitzung
Hier finden Sie das Protokoll der Preisgerichtssitzung zum Wettbewerb.
Mitglieder des Preisgerichts
Fachpreisrichter*innen
- Prof. Dr. (Univ.Florenz) Elisabeth Merk, Architektin, Stadtbaurätin, Referat für Stadtplanung und Bauordnung, LH München
- Christian Metzner, Architekt, Stadtplaner, Regierung von Oberbayern
- Roger Bundschuh, Architekt, Berlin
- Prof. Andreas Hild, Architekt, München
- Iris Dupper, Landschaftsarchitektin, Kranzberg
- Marianne Mommsen, Landschaftsarchitektin, Berlin
- Prof. Nikolaus Hirsch, Architekt/Ausstellungsgestalter, Frankfurt am Main
- Gert Goergens, Architekt/Stadtplaner, München
- Prof. Dr. Andres Lepik, Architekturhistoriker, Architekturmuseum/TUM München
Ständig anwesende stellvertretende Fachpreisrichterin
- Kerstin Oertel, Architektin, Referat für Stadtplanung und Bauordnung HA III LH München, Stadtsanierung, Abteilungsleiterin
Stellvertretende Fachpreisrichter*innen
- Joanna Warsza, Kuratorin, München
- Tilman Latz, Landschaftsarchitekt, Kranzberg
- Mathias Haber, Architekt, München
Sachpreisrichter*innen
- Anton Biebl, Kulturreferent der LH München
- Dr. Mirjam Zadoff, Direktorin NS-Dokumentationszentrum
- Kristina Frank, Kommunalreferentin der LH München
- Thomas Niederbühl, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/RL im Stadtrat
- Manuel Pretzl, CSU- Fraktion im Stadtrat
- Kathrin Abele, Fraktion SPD / Volt im Stadtrat
- Sebastian Kriesel Bezirksausschussvorsitzender BA 22
- Bastian Wahler-Żak, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Ständig anwesende stellvertretende Sachpreisrichter*innen
- Dr. Florian Roth, Mitglied des Stadtrats, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste
- Leo Agerer, Mitglied des Stadtrats, Fraktion CSU
- Christian Müller, Mitglied des Stadtrats, Fraktion SPD/Volt
- Herr Gerald Schwarz, Kommunalreferat der LH München
- Boris Schwartz, stellv. Bezirksausschussvorsitzender BA 22
- Ute Baranowski, Kommunalreferat LH München, Immobilienmanagement
- Dr. Paul-Moritz Rabe, Leiter der Forschungsabteilung NS-Dokumentationszentrum
Wettbewerbsergebnisse
Wir haben die Entwürfe aller am Realisierungswettbewerb beteiligten Architektur- und Landschaftsarchitekturbüros für Sie in einer Übersicht zusammengestellt.